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Infektiöser ansteckender Kaninchenschnupfen (Rhinitis contagiosa cuniculi)
Jedes Jahr in der Zeit, in der sich Züchter zusammen finden, um ihre Tiere den Preisrichtern zur Bewertung vorzustellen, spätestens dann, kommt es wieder zu Diskussionen über den „ansteckenden Kaninchenschnupfen“. Hintergrund ist der, das die „Bösen Leute von der Ausstellungsleitung“ wieder einmal bestimmte Züchter nicht leiden können und deren Tiere wegen Schnupfen von der Bewertung ausschließen und nach Hause schicken. Dabei handeln sie doch sehr verantwortungsbewusst gegenüber allen anderen Ausstellern. Denn nur durch einen konsequente Beobachtung der Ausstellungstiere und deren Ausschluss ist es möglich, dass diese Erkrankung eingedämmt, vielmehr nicht weiter verbreitet wird. Deshalb sollten alle Züchter dankbar darüber sein, wenn sich die Leute der Ausstellungsleitung zu einem derartigen Schritt entschließen. Denn dadurch macht man sich nicht unbedingt Freunde. Im Gegensatz, es werden oft Beschuldigungen vorgebracht, dass die Tiere bei Einlieferung ja keine Symptome zeigten und bei Rückkehr in den gewohnten Bestand nichts mehr aufgetreten sei. Aber das ist ja das eigentliche Problem dieser schwer zu beherrschenden Erkrankung. Wie schon Dr. Holubek ausführte, handelt es sich bei dieser Erkrankung um eine Seuche und keine vorübergehende Erscheinung im Bestand. Und darin liegt die Schwierigkeit der Behandlung und der Sanierung dieser Erkrankung. Denn nicht alle Tiere, die die Erreger in sich tragen erkranken auch klinisch. Im Gegenteil, ein Großteil der Kaninchenpopulation ist latent infiziert. Das heißt, sie sind Träger aber zeigen keine klinischen Symptome solange bestimmte Rahmenbedingungen stimmen (Haltungsbedingungen, geringer Stress). Der infektiöse Schnupfen der Kaninchen wird teilweise auch als „Pasteurellose“ bezeichnet, wobei sich diese Bezeichnung auf einen der bakteriellen Haupterreger, die Pasteurellen bezieht. Neben diesen spielen noch die Bordetellen, Streptokokken- und Staphylokokkenarten und Mykoplasmen eine Rolle im Krankheitsgeschehen. Ebenfalls spielen noch viele Secundärkeime eine Rolle, welche das Krankheitsbild mitbestimmen. Deshalb lässt sich der ansteckende Kaninchenschnupfen als infektiöse, kontagiöse und multifaktorielle Erkrankung mit chronischem Verlauf defininieren. Neben dem ansteckenden Schnupfen gibt es auch die „normale Erkältung“ z.B. durch Zugluft. Hierbei setzen sich Erreger fest, die sich komplett beseitigen lassen, so dass das Tier danach geheilt ist. Wird solch eine Erkrankung nicht behandelt, kann sie natürlich auch chronisch werden, die Symptome bleiben. Auch dies ist nicht mit dem ansteckenden Schnupfen zu verwechseln, der immer chronisch verläuft. Die Erreger werden vielfach auf der Nasenschleimhaut vorgefunden als harmlose Schmarotzer. Jedoch können sie sich durch die dort vorherrschenden Bedingungen sehr gut anpassen und bilden danach die Grundlage für hartnäckige und bösartige Formen. In Untersuchungen von klinisch gesunden Beständen wurden in Nasentupferproben bei 24% Pasteurellen und 19% Bordetellen festgestellt. Diese Zahlen belegen eindeutig, dass anhand der Klinik nicht darauf geschlossen werden kann dass beim Nichtvorhandensein von klinischen Symptomen keine Infektionsgefährdung besteht. Geringste Veränderungen im Umfeld können zum Ausbruch der Erkrankung führen. Bei einer Anamnese (Befunderhebung) ist also in jedem Fall auch die Vorgeschichte der Krankheit zu beachten. Die Ansteckung kann auf vielfältige weise erfolgen. Grundlegend erfolgt die Übertragung als Tröpfcheninfektion. Jungtiere infizieren sich bei ihrer Mutter. Neue, in den Bestand gebrachte Tiere können den Erreger einschleppen. Aber auch der Besuch bei Züchtern und Ausstellungen stellt einen möglichen Übertragungsweg dar. Gerade auf Ausstellungen, wenn Stress, geänderte Haltungs- und Fütterungsbedingungen auftreten, kommt die Erkrankung schnell zum Ausbruch. Durch niesen werden feinste hochinfektiöse Partikel sehr weit übertragen und dann umstehende Tiere, aber auch Besucher infiziert, welche wiederum diese mit „nach Hause“ nehmen. Was leider oft vernachlässigt wird, ist die Tatsache, dass sich die Kaninchen durchaus schnell beim Menschen selbst sowie bei anderen Haustieren anstecken können. Die genannten Keime sind nämlich verbreitete Umgebungs- und Krankheitskeime bei Mensch und Katze. Pseudomonas lässt sich häufig bei Menschen mit Lungen-, Atem-, Harnwegs- und Mundentzündungen nachweisen. Staphylococcus aureus ist ebenfalls bei vielen Infektionen beteiligt. Eine Bordetellenart ist beispielsweise für den menschlichen Keuchhusten verantwortlich, während Bordetella bronchiseptica vor allem als Katzenschnupfenerreger bekannt. Pasteurellen hingegen finden sich in der normalen Mundflora von Hund und vor allem Katzen. Wichtig ist, dass Menschen mit Schnupfen, Erkältung, Grippe und sonstigen Infektionen in der Zeit der Erkrankung den Kontakt zu ihren Kaninchen meiden, oder entsprechende Vorkehrungen treffen sollten. Schneiden Sie Futter möglichst mit desinfizierten Händen und gegebenfalls mit Mundschutz. Verzichten Sie im Sinne ihrer Tiere in dieser Zeit komplett auf den Körperkontakt mit ihnen. Für Sie geht der Schnupfen vorüber, für ihre Kaninchen vielleicht nicht mehr! Der Krankheitsverlauf kann nach unterschiedlich langer Inkubationszeit infolge der Kombination der verschiedenen Faktoren sehr verschieden sein. Das charakteristische Krankheitsbild ist bei der chronischen Form zu beobachten. Nach dem anfangs eine leicht feuchte Nase mit klarem Sekret, gelegentliches Niesen und seröser Augenausfluss zu beobachten ist, geht dieser Ausfluss schnell in einen schleimig-eitrigen Ausfluss über. Äußerlich bedeutet das verklebte Nasen- und Augenöffnungen. Um die Nase, die Pfoten und die Brust kommt es zur Verfärbung des Felles. Später treten starke Atemgeräuschen auf und es kommt zur Atemnot. Innerlich folgen eitrige Lungenentzündungen und Bronchitiden, die vor allem unbehandelt den Tod des Tieres bedeuten. Als Komplikation können zusätzlich Lungenabszesse entstehen. Die Tiere magern zusehends ab .Häufig herrscht in befallenen Beständen ein enzootischer Verlauf (Enzootie ist die Bezeichnung für die lokale Begrenzung einer Tierseuche bzw. Infektionskrankheit bei Tieren), bei welchen das chronische Stadium durch wenige charakteristische Erscheinungen gekennzeichnet ist und durch gelegentliche akute Schübe durchbrochen wird. Der akute, sehr verlustreiche Verlauf setzt zunächst ebenfalls mit serösem Ausfluss ein. Er geht dann sehr schnell in die eitrige Form über und die Tiere verenden innerhalb 3-8 Tagen ohne ein typisches Krankheitsbild aufzubauen.
Die Diagnosestellung erfolgt anhand des klinischen Bildes im Bestand und des Einzeltieres. In vielen Fällen ist das klinische Bild der Tiere eindeutig. Eitrige Nasen, niesen, röcheln, schlechtes Allgemeinbefinden sind klare Anzeichen. Sämtliche Eiterherde (auch z.B. im Ohr) sind mit Hilfe eines Abstriches zu bestimmen. In vielen Fällen erhält man brauchbare Ergebnisse, welche Erreger die Infektion ausgelöst haben und mit welchen Antibiotika therapiert werden kann (Erstellung eines Antibiogrammes). Sektionen und bakteriologische Untersuchung sollten stets zur Absicherung der Diagnose herangezogen werden. Die Behandlung an infektiösen Schnupfen erkrankter Tiere stellt ein schwieriges Betätigungsfeld dar. Ausheilung, auch wenn zeitweilige Besserung eintritt, ist nicht zu erreichen. Zeitweilige Symptomlosigkeit ist kein Anzeichen für eine Ausheilung der Erkrankung. Schon durch veränderte Haltungs- und Umweltbedingungen, Stress treten Rückfälle auf. Selbst über längere Zeit (Monate bis Jahre) auftretende Ruhe im Bestand ist kein Garant dafür, das die Krankheit überstanden ist. Ohne eine konsequente Bekämpfungsstratgie ist der Erkrankung nicht beizukommen. Dazu gehören spezielle Hygienekonzepte, Einsatz wirkungsvoller Medikamente, konsequent durchgeführte Impfprogramme und die Durchführung strikter Quarantänemaßnahmen (mindestens 4-6 Wochen!) nach Ausstellungen und bei Zukäufen. Auch der Einsatz der Schutzimpfung kann nicht zum vollständigen Ausmerzen der Seuche führen. Durch den Einsatz geeigneter Impfstoffe, und deren konsequente Anwendung, wird die körpereigene Abwehr gestärkt, so dass langfristig das Krankheitsbild positiv beeinflusst werden kann. Geimpfte Muttertiere übertragen Abwehrstoffe mit der Muttermilch auf die Jungtiere. Jedoch ist es wichtig, in Impfbeständen, trotz der übertragenen Abwehrstoffe die Jungtier sofort nach dem Absetzen zu impfen. Der infektiöse Schnupfen ist ein Problem was schon sehr lange Probleme bereitete und uns sicher noch viele Jahre begleiten wird. Wichtigste Maßnahmen zur Eindämmung oder Verhütung dieser Erkrankung bestehen in der strickten Umsetzung von Hygienemaßnahmen, Impfungen, aber auch in der Merzung stark erkrankter Tiere. Meist sind es „Spitzentiere“ die massiv erkranken. Aber was bringt der weitere Einsatz solcher Tiere wenn man dadurch den gesamten Bestand riskiert. Aber auch Ehrlichkeit beim Verkauf von Zuchttieren steht an oberster Stelle. Denn durch den seuchenhaften Verlauf können ganz schnell gesunde Bestände infiziert werden. Ich hoffe mit diesen Zeilen ein wenig dazu beizutragen, dass die Züchterschaft etwas sensibilisiert wird in Bezug auf diese Erkrankung. Sensibilisiert in der Hinsicht, das es sich hier um eine Erkrankung handelt die schwer auszulöschen ist, und bei deren Bekämpfung jeder seinen Beitrag dazu leisten muss, wenn er auch manchmal schwer fällt. Dipl.vet.med. Frank Scholz /Olbernhau
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