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Das schnupfende Kaninchen Worin liegt der Unterschied zwischen einem „einfachen Schnupfen“ und einem „infektiösen Schnupfen“? Diese Frage wird häufig gestellt. Hängt doch von der Beantwortung dieser Frage viel über den Fortbestand eines Zucht- oder anderen Bestandes ab. Vorab muss aber nachdrücklich gesagt werden. Egal welcher Art der Schnupfen ist, immer können durch ihn andere Tiere angesteckt und somit infiziert werden. Es ist deshalb jeder Ausstellungsleitung löblich anzurechnen, wenn Tiere, welche Symptome eines „Schnupfens“ oder auch anderer Erkrankungen zeigen, zum Schutz der anderen Tiere und somit der gesamten Zuchtbestände von der Ausstellung ausgeschlossen werden. Es kann von keinem Ausstellungsleiter oder betreuenden Tierarzt vor Ort verlangt werden, dass ohne detaillierte und umfangreiche diagnostische Maßnahmen gesagt werden kann, ist es Ansteckender Schnupfen oder „nur der Schnupfen“! Dies ist schlichtweg nicht möglich und würde auch an dem Sachverhalt der Weiterverbreitung nichts ändern. In §4 der Allgemeinen Ausstellungsbestimmungen (AAB) des ZDRK vom 1.10.2012 ist dies ausdrücklich festgeschrieben: „ In Übereinstimmung mit den vorgenannten Bestimmungen und mit dem Tierschutzgesetz sind für den Wettbewerb und zur Zuchtwertprüfung bei Kaninchenschauen und Tischbewertungen ausschließlich zur Zucht geeignete und gesunde (!) Tiere zugelassen“. Und ein Tier, egal ob es „nur“ niest, serösen, wässrigen oder eitrigen Nasenausfluß zeigt, ist nicht gesund und gehört nicht auf eine Ausstellung. Denn eine Ausstellung stellt in ihrer Komplexität von Vorbereitung, Transport, Bewertung, Ansammlung von vielen Tieren und das zur Schaustellung von Tieren einen großen Stress für unsere Tiere dar. Und da wir als Rassekaninchenzüchter unter dem Dachverband des ZDRK nach dessen Statuten organisiert sind, sind wir verpflichtet einen tierschutzgerechten Umgang zu praktizieren. Als Schnupfen (lat. Rhinitis)wird eine akute oder chronische Entzündung der Nasenschleimhaut durch infektiöse, allergische, mechanische u.a. Mechanismen bezeichnet. Bei der akuten Rhinitis, dem gewöhnlichen Schnupfen handelt es sich meist um einen harmlosen Infekt. Häufigste Erreger einer einfachen Erkältung sind Rhino- und Coronaviren. Bakterien sind selten beteiligt. Man spricht in diesem Falle auch von einem viralen Infekt, oder Infekt der oberen Atemwege. Mit diesen „Schnupfenerregern“ ist der Organismus ständig konfrontiert. Durch ein stabiles Immunsystem ist er in der Regel in der Lage diesen zu widerstehen. Wenn unglückliche Umstände zusammen kommen, wie Zugluft, Auskühlung, Stress oder andere Erkrankungen, können die Viren die Schutzbarriere der Rachen- und Nasenschleimhaut überwinden und es führt dann zu einer Erkältung. In der Regel ist der jeder Körper durch Steigerung seiner körpereigenen Abwehr in der Lage diese in wenigen Tagen zu bekämpfen. Sollten die auslösenden Ursachen nicht beseitigt werden oder der Körper nicht in der Lage sein zu reagieren, kann dieser Zustand schnell in das chronische Stadium übergehen. Symptome eines Schnupfens sind eine verstopfte Nase (infolge einer Schleimhautschwellung), Niesen (Sekret wässrig bis eitrig), Abgeschlagenheit, teilweise gerötete Augen und Augenausfluß, leicht erhöhte Temperatur (Normwert Kaninchen:38,5-39,5 C). Diese Form des Schnupfens klingt in der Regel innerhalb weniger Tage ab, wenn die auslösenden Faktoren abgestellt werden und das Immunsystem in der Lage ist auf diese veränderte Lage im Körper zu reagieren. Wenn dies nicht der Fall ist, dann kann aus dem akuten Schnupfen schnell eine Rhinitis chronica werden, der chronische Schnupfen. Weitere Ursachen für die chronische Form des Schnupfens sind häufige, wiederholte Erkältungen, Allergien gegen die verschiedensten Stoffe und die ständige sich wiederholende Einwirkung von störenden Reizen auf die Nasenschleimhaut. Diese wiederholte Einwirkung kann dazu führen, dass die Erkrankung nicht nur auf die Nasenschleimhaut mehr begrenzt ist, sondern auch auf die Nasenhöhlen und Nasennebenhöhlen übertritt. In der Fachsprache spricht man dann von einer Rhinosinusitis. Weitere Auslöser können anatomische Veränderungen in der Nase und dem Nasenrachenraum sein (z.b. krumme Nasenscheidewand, Fremdkörper, Polypen usw.). Die Therapie eines „einfachen Schnupfens“ richtet sich immer nach der Ursache. Beseitigen von auslösenden Faktoren. Daneben sollte alles getan werden, um das Abwehrsystem zu unterstützen (Stressbeseitigung, vitaminreiche Ernährung etc.). Im Gegensatz zum normalen Schnupfen handelt es sich beim ansteckenden Kaninchenschnupfen um eine ansteckende bakterielle Erkrankung. Die häufigsten Erreger sind Pasteurellen, Bordetellen, Streptokokken, Mykoplasmen. Auslösende Faktoren sind ungünstige Haltungsbedingungen (Zugluft, Staubbelastung, schlechte Hygiene, Stress, falsche Fütterung).Diese Erkrankung tritt gehäuft in den kalten Jahreszeit auf, wobei sie auch in den anderen Monaten zu finden ist. Dem Stress ist eine besondere Bedeutung zuzuschreiben. Und dieser besteht häufig dann, wenn die Zuchtanlagen bis auf den letzten Platz gefüllt (oder Fächer vielleicht noch geteilt sind!) und die Tiere sich in der Ausstellungssaison befinden. Die Symptome sind vielfältig. Sie beginnen unspezifisch mit niesen, wässrigen Nasenausfluß, welcher später eitrig werden kann. Das Fell um die Nase verklebt, ebenso wie an den Vorderpfoten. Es kann zu einer Entzündung der Augen und da speziell der Schleimhäute kommen. Später kommt Fieber, gestörtes Allgemeinbefinden und eine Erkrankung der Luftwege hinzu (Bronchien, Lungen). Diese kann über Jahre fortschreiten und zum Tode führen. Durch die erschwerte Atmung sind veränderte Atemgeräusche zu vernehmen die bis zur Maulatmung führen können. Nicht alle Tiere, die die Erreger in sich tragen erkranken auch klinisch. Ein Großteil der Kaninchenpopulation ist latent infiziert. Das heißt, sie sind Träger aber zeigen keine klinischen Symptome, solange bestimmte Rahmenbedingungen stimmen (Haltungsbedingungen, geringer Stress).Deshalb lässt sich der ansteckende Kaninchenschnupfen als infektiöse, kontagiöse und multifaktorielle Erkrankung mit chronischem Verlauf definieren. In Untersuchungen von klinisch gesunden Beständen wurden in Nasentupferproben bei 24% Pasteurellen und 19% Bordetellen festgestellt. Diese Zahlen belegen eindeutig, dass anhand der Klinik nicht darauf geschlossen werden kann dass beim Nichtvorhandensein von klinischen Symptomen keine Infektionsgefährdung besteht. Geringste Veränderungen im Umfeld können zum Ausbruch der Erkrankung führen. Grundlegend erfolgt die Übertragung als Tröpfcheninfektion. Jungtiere infizieren sich bei ihrer Mutter. Neue, in den Bestand gebrachte Tiere können den Erreger einschleppen. Aber auch der Besuch bei Züchtern und Ausstellungen stellt einen möglichen Übertragungsweg dar. Gerade auf Ausstellungen, wenn Stress, geänderte Haltungs- und Fütterungsbedingungen auftreten, kommt die Erkrankung schnell zum Ausbruch. Durch niesen werden feinste hochinfektiöse Partikel sehr weit übertragen und dann umstehende Tiere, aber auch Besucher infiziert, welche wiederum diese mit „nach Hause“ nehmen. Die Diagnosestellung erfolgt anhand des klinischen Bildes im Bestand und des Einzeltieres. In vielen Fällen ist das klinische Bild der Tiere eindeutig. Eitrige Nasen, niesen, röcheln, schlechtes Allgemeinbefinden sind klare Anzeichen. Sämtliche Eiterherde (auch z.B. im Ohr) sind mit Hilfe eines Abstriches zu bestimmen. In vielen Fällen erhält man brauchbare Ergebnisse, welche Erreger die Infektion ausgelöst haben und mit welchen Antibiotika therapiert werden kann (Erstellung eines Antibiogrammes). Sektionen und bakteriologische Untersuchung sollten stets zur Absicherung der Diagnose herangezogen werden. Die Behandlung an infektiösen Schnupfen erkrankter Tiere stellt ein schwieriges Betätigungsfeld dar. Ausheilung, auch wenn zeitweilige Besserung eintritt, ist nicht zu erreichen. Zeitweilige Symptomlosigkeit ist kein Anzeichen für eine Ausheilung der Erkrankung. Schon durch veränderte Haltungs- und Umweltbedingungen, Stress treten Rückfälle auf. Selbst über längere Zeit (Monate bis Jahre) auftretende Ruhe im Bestand ist kein Garant dafür, dass die Krankheit überstanden ist. Ohne eine konsequente Bekämpfungsstratgie ist der Erkrankung nicht beizukommen. Dazu gehören spezielle Hygienekonzepte, Einsatz wirkungsvoller Medikamente, konsequent durchgeführte Impfprogramme und die Durchführung strikter Quarantänemaßnahmen (mindestens 4-6 Wochen!) nach Ausstellungen und bei Zukäufen. Wenn man den Ausführungen intensiv gefolgt ist, dann wird man zu folgendem Schluss kommen. Zwischen dem einfachen und dem ansteckenden Schnupfen gibt es große Unterschiede in den langwierigen Auswirkungen auf den Körper. Aus Sicht der Symptomatik ist es ohne genaue und aufwendige Diagnostik nicht möglich vor Ort eindeutig zu entscheiden um welche Form des Schnupfens es sich handelt. Während der grippale Infekt in der Regel nach wenigen Tagen zur Abheilung kommt, kann der ansteckende Schnupfen jahrelang im Bestand persistieren ohne klinische Symptome zu zeigen. Da bei beiden Formen Erreger mitbeteiligt sind, ist eine Übertragung auf andere Tiere in Form einer Tröpfcheninfektion möglich. Es spielt deshalb keine Rolle, welche Form es ist wenn auf Ausstellungen Tiere Symptomatik zeigen. Solche Tiere gehören vom Schaubetrieb ausgeschlossen. Die Problematik Schnupfen sollte aber sehr ernst genommen werden. Denn in der Regel tritt der „normale Schnupfen“ seltener auf. Wenn im Bestand gehäuft Schnupfen auftritt, sollte umgehend tierärztliche Hilfe in Anspruch genommen werden. Aufgrund der anatomischen Verhältnisse der Nasen- und Nasennebenhöhlen beim Kaninchen, welche eine Behandlung sehr erschweren, ist die Entfernung infizierter Tiere der beste Weg um einen Bestand zu sanieren. Es ist sicherlich hart wenn hervorragende Zuchtbestände auf Grund des infektiösen Schnupfens liquidiert werden müssen. Aber wenn die gesamte Züchterschaft gewillt ist diese Konsequenz umzusetzen, dann wird es möglich sein diese Erkrankung zurück zu drängen und vielleicht in absehbarer Zeit zu beseitigen. Auch die Impfung mit spezifischen Impfstoffen gibt keine Sicherheit. Unterstützend beim Neuaufbau einer Zucht kann sie hilfreich sein. Das wichtigste bei der Bekämpfung dieser Erkrankung ist die Ehrlichkeit der Züchter untereinander. Denn wer mit ruhigen Gewissen gesunde Tiere verkauft kann sich sagen, ich habe meinen Beitrag dazu getan. Dipl.vet.med. Frank Scholz / Olbernhau
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